Baurecht

Das Planungs‐ und Baurecht ist in den Norm SIA und im OR (Obligationenrecht) geregelt. Baurechtliche Fragen sind bei Neu‐ wie bei Umbau relevant.

Was ist Baurecht?

Das Baurecht befasst sich mit dem Recht rund um das Bauwesen. Grundsätzlich gelten die Regelungen im OR (Obligationenrecht). Zwischen den Parteien kann ein Vertrag nach der Norm SIA 118 (Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein) vereinbart werden. In dieser Norm wurden einige Regelungen gegenüber dem OR modifiziert.

Baurechtliche Fragen

Sicht SIA-Normen und OR

Vom Grundstückskauf über den Architektur‐​Werkvertrag oder Generalunternehmervertrag bis zur Bauabnahme und der Einforderung von Garantieleistungen ist das Baurecht ein zentrales Thema. Sehr oft werden bei der Auftragsvergabe die baurechtlichen Fragen zu wenig thematisiert, was bei Unstimmigkeiten zwischen den Parteien nachteilig sein kann.


Die nachfolgende Zusammenfassung beschreibt die hauptsächlichsten und wichtigsten Punkte zu baurechtlichen Fragen aus Sicht der SIA-Normen und aus Sicht des Obligationenrechts. Die Ausführungen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzen keinesfalls die baurechtliche Beratung durch einen ausgewiesenen Juristen.

Vom Erbauer zum Besteller

Bauabnahme – die Übergabe des Werks

Nach der Regelung des OR gilt das fertig erstellte Werk mit der Übergabeanzeige des Unternehmers als abgeliefert (Bauabnahme). Der Besteller hat daraufhin unverzüglich das Werk auf seine Vertragskonformität, d. h. auf Mängelfreiheit und auf seine Gebrauchstauglichkeit zu prüfen. Die Norm SIA 118 hat dieses Übergabeverfahren nach OR modifiziert. Mit der Übergabeanzeige des Unternehmers gilt das Werk noch nicht als übergeben, sondern der Besteller muss innert 30 Tagen nach Erhalt der Anzeige zur gemeinsamen Abnahme (Prüfung) des Werks einladen. Unterlässt er diese Prüfung, oder nimmt er sie verspätet vor, so gelten sämtliche Mängel, die er bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte erkennen können, als genehmigt.

Die Fristen laufen von der Abnahme an

Beginn des Fristenlaufs mit der Abnahme

Mit dem Datum der Abnahme beginnen die Fristen für die Gewährleistung und die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen zu laufen. Die Gewährleistungsfrist beträgt nach OR für unbewegliche Werke 5 Jahre und für bewegliche 1 Jahr seit Abnahme (Art. 371 OR). Ebenso lange dauert die Verjährungsfrist. Da die Norm SIA 118 den Unterschied zwischen beweglichen und unbeweglichen Werken nicht kennt, beträgt die Gewährleistungs- und Verjährungsfrist hier für Werke 5 Jahre.

Die gesamte Garantiezeit dauert 5 Jahre

Die Rügefrist nach SIA 118 (Garantiefrist)

Nach der Abnahme beginnt eine zweijährige Rügefrist (sie wird irrtümlicherweise oft als Garantiefrist bezeichnet) zu laufen, während der auftretende Mängel jederzeit (nicht sofort, wie nach OR) gerügt werden können (Art. 173 SIA 118). Wird diese Frist indessen verpasst, gelten auch solche nicht rechtzeitig gerügten Mängel, als genehmigt (Art. 178 SIA 118). Die Beweislast liegt, wenn die Norm SIA 118 gilt (dies muss vertraglich vereinbart werden), nach Art. 174 Abs. 3 beim Unternehmer. «Wird streitig, ob ein behaupteter Mangel wirklich eine Vertragsabweichung darstellt und daher ein Mangel im Sinne dieser Norm ist, so liegt die Beweislast beim Unternehmer».

Nach Ablauf dieser Rügefrist auftretende Mängel (nach SIA 118 heissen sie verdeckte Mängel) sind – wie nach OR – sofort zu rügen (Art. 179 SIA 118). Die Umkehrung der Beweislast nach SIA 118 gilt nur für die Garantiezeit von zwei Jahren. Nach Ablauf der zweijährigen Garantiefrist gilt die Beweisregel nach Art. 8 ZGB. Dies wird bestätigt mit Art. 179 Abs. 5 SIA 118: «Wird streitig, ob ein behaupteter verdeckter Mangel wirklich eine Vertragsabweichung darstellt und daher ein Mangel im Sinne dieser Norm ist, so liegt die Beweislast beim Bauherrn».

Unterschiedlich lange Gewährleistungs- bzw. Verjährungsfristen

Mängelrüge

Tritt innerhalb der fünfjährigen Garantie- und Gewährleistungsfrist ein Mangel oder ein Schaden auf, empfehlen wir allen am Bauprojekt beteiligten Parteien, welche mit dem Schaden in einem Zusammenhang stehen könnten, inklusive Planung und Bauleitung, eine Mängelrüge per Einschreiben zuzustellen.

Einen Sonderfall stellen Mängel dar, die der Unternehmer dem Besteller schon bei der Abnahme absichtlich verschwiegen hat. Für sie gilt eine zehnjährigen Verjährungsfrist (Art. 371 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 203 OR und Art. 180 Abs. 2 SIA 118).

Die ordentliche, zehnjährige Verjährungsfrist gilt auch für übrige Forderungen, z. B. solche, die sich aus Sorgfaltspflichtverletzungen ergeben und die sich nicht in einem Mangel des Werks manifestieren.

Für nachgebesserte Mängel beginnt eine neue, fünfjährige Gewährleistungs- und Verjährungsfrist zu laufen.

Die Mängelrechte des Bestellers eines unbeweglichen Werkes bestehen im Nachbesserungsanspruch und im Anspruch auf Werkpreisminderung. Die weitere Möglichkeit der Rückgängigmachung des Vertrages (sog. Wandelung) ist für unbewegliche Werke meist ungeeignet (Art. 368 OR).

Im Gegensatz zum OR hat der Unternehmer nach SIA 118 zunächst das Recht, das Werk nachzubessern (Art. 169 SIA 118). Nach OR steht dem Unternehmer kein Nachbesserungsrecht zu. Welchen Anspruch der Bauherr geltend machen will (Nachbesserung oder Minderwert oder beides), steht nach OR im Belieben des Bauherrn.

Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, hat der Besteller seine Mängelrechte verloren, selbst wenn er die Mängel rechtzeitig gerügt hat. Dieser gravierende Rechtsverlust kann nur vermieden werden, wenn die Verjährungsfrist vor ihrem Ablauf unterbrochen wird.

Die Unterbrechung der Verjährung tritt in Kraft entweder durch schriftliche Anerkennung des Mangels durch den Unternehmer durch einen Verzicht des Unternehmers auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede, durch Anhängigmachung der Klage gegen den Unternehmer beim zuständigen Gericht oder durch die Einleitung einer Betreibung (Zahlungsbefehl) gegen den Unternehmer. Eine Mängelrüge mit eingeschriebenem Brief unterbricht die Verjährung nicht. Nach Unterbrechung der Verjährung beginnt diese wiederum neu zu laufen.

Die Durchsetzung der Mängelansprüche erfolgt durch Klageeinleitung vor dem ordentlichen Gericht oder wenn vereinbart, von einem Schiedsgericht.

Musterbrief Mängelrüge
Externe Quellen

Normen, Standards und Richtlinien

  • Norm SIA 118:2013, Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten – www​.sia​.ch (externer Link zum SIA-Shop)